Die Konstruktion eines einsatzfähigen Hubschraubers hat sowohl in der manntragenden als auch in der Modellfliegerei hohe Anforderungen an die Konstrukteure gestellt. So war der Durchbruch in den USA bei der Firma BELL im Jahr 1943 mit der BELL 30 gelungen, die als Vorläufer der späteren BELL 47 gilt. Dieser Typ absolvierte seinen Erstflug am 08. Dezember 1945 und avancierte später zu einem der erfolgreichsten Serien-Hubschrauber der ersten Generation mit ca. 5000 produzierten Maschinen. Der G-Typ wurde ab 1953 gebaut. Markante Merkmale dieses Typs sind die große Vollsichtkanzel und die Gitterkonstruktion des Heckträgers.
Das Modell der BELL 47 G
Ein flugfähiges, in Serie gefertigtes Modell der BELL 47 G wurde Mitte der 70er Jahre von der Firma Graupner auf den Markt gebracht. Der Bausatz des hier gezeigten Modells wurde wahrscheinlich 1978 gekauft und 2003 in einem teilweise montierten Zustand übernommen. Während dieser Zeit sind leider viele Kleinteile verloren gegangen, die nach den Unterlagen möglichst originalgetreu rekonstruiert wurden. Die veraltete Technik sollte erhalten bleiben, so dass keine modernen Elemente Verwendung fanden. Ziel war die Erprobung der Flugtauglichkeit einer konstruktiv unveränderten Zelle.
Die Technik
Die damalige Technik ergab eine Konstruktion der einfachsten Art. Die Zelle war aus Plastik gefertigt, GFK und Kohlefaser waren als Material noch nicht verbreitet.
Der Hauptrotor besteht aus einer einfachen Konstruktion mit massigen Hilfsrotoren und Kunststoff-Hauptrotorblättern mit extremem Hohlprofil. Die Aufhängung der Blätter erfolgt mittels Federdruck in einem Stahlrahmen. Alle Lager weisen ungewöhnlich großes Spiel auf. Die Steuerung erfolgt über zwei Servos, welche die Taumelscheibe an zwei Punkten 90 Grad versetzt anlenken. Die Weiterleitung der Taumelscheibenbewegung an die Hilfsrotoren erfolgt über eine einzelne Steuerstange und ergibt eine zyklische Blattverstellung der Hilfspaddeln. Die als Pitch bekannte kollektive Blattverstellung ist nicht realisiert, so dass eine drehzahlabhängige Pitchsteuerung erfolgt.
Der Motor, ein HP25H mit 4,08 ccm, sitzt im vorderen Teil des Rumpfes und wird mittels Keilriemen gestartet. Die Verbindung zum einstufigen Hauptgetriebe erfolgt über eine simpel aufgebaute Fliehkraftkupplung. Die Heckrotorwelle wird direkt angetrieben. Die Heckrotorsteuerung erfolgt über ein Steuerseil nur auf Zug in eine Richtung. Die Rückstellung der Blätter bei entgegengesetzter Steuerrichtung wird durch eine Feder realisiert, welche die durch die hohle Heckrotorwelle laufende Pitchstange immer gegen das Steuerelement drückt. Die Heckrotorblätter sind lose eingehängt und werden durch die Fliehkraft in ihren Lagern gehalten.
RC-Anlage
Die Steuerung des Hubschraubers kann mit einer einfachen 4-Kanal-Anlage erfolgen und erfordert keine Mischer. Daher wäre der Einsatz einer Nostalgie-Anlage durchaus möglich gewesen. Doch dieser Stilbruch wurde in Kauf genommen und eine moderne Empfangsanlage mit Piezzo-Kreisel installiert.
Das Flugverhalten
Das Modell konnte auf Anhieb überzeugen und absolvierte nach einer kurzen Gewöhnungsphase perfekte Rundflüge. Das Steuerverhalten erscheint etwas ungewöhnlich, der Flug ist aber jederzeit beherrschbar. Lediglich längere Schwebeflüge sowie das Abfangen aus unerwarteten Durchsackern sind aufgrund der drehzahlgesteuerten Pitch-Funktion schwierig. Für saubere Landungen sind mitunter mehrere Anflüge erforderlich.
Resümee
Die BELL 47 G sorgt gerade bei älteren Modellflug-Kollegen immer wieder für Aufsehen, da viele das Modell aus früherer Zeit kennen oder sogar ein Exemplar hatten. Doch ohne technische Hilfsmittel war das Steuern extrem schwierig, so dass die meisten ihre Versuche ohne Erfolg einstellten. Für einen Einstieg in die Heli-Fliegerei ist das Modell ohnehin ungeeignet, auch wenn die Zelle eine extreme Stabilität aufweist und vieles locker wegsteckt. Die Technik ist sehr empfindlich und verzeiht keine Behandlungsfehler. Heute ist es sehr schwierig, an Ersatzteile zu kommen, weshalb die BELL 47 G für notwendige Wartungs- und Reparaturarbeiten einen gut ausgestatteten Hobbyraum und ein hohes Maß an Modellbau-Erfahrung erfordert.
|