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Veröffentlichung "Der Modellflieger 6/06" -


asymmetrische BV 141 B
und Ringflügel Aerodyne II
Veröffentlichung zum Thema
Experimental-Modellflug
in der DMFV-Verbandszeitschrift "Der Modellflieger",
Heft Dezember 2006 / Januar 2007, S. 70-71

Titel:
Abseits der Norm
Denkanstoß - Experimentalflugzeuge im Flugmodellbau

Ringflügler CIRCUM


Der historische Meilenstein

Fortschritt wird nur erreicht, wenn kreativ denkende Zeitgenossen einen Schritt wagen, der ihrer Zeit ein wenig vorauseilt. Insbesondere die Entwicklung der Fliegerei belegt diese Aussage. Bereits 1843 ließ William Samuel Henson einen "Dampfflugwagen" patentieren, der die meisten grundlegenden Eigenschaften eines brauchbaren Flugzeugs aufwies. Sein selbst für heutige Verhältnisse großes Modell mit einer Spannweite von 6,1 Metern wäre wahrscheinlich flugfähig gewesen, wenn geeignete Antriebe zur Verfügung gestanden hätten. Die seinerzeit verwendeten Dampfmaschinen hatten ein zu schlechtes Gewichts-Leistungs-Verhältnis, so dass ein Testflug der "Ariel" misslang und zum Abbruch der Bemühungen führte. Heute würde kaum jemand ein Freiflugmodell dieser Größe konzipieren.

Die ARF-Generation

Obwohl der immense technische Fortschritt den Modellfliegern schon beinahe grenzenlose Möglichkeiten bietet, scheuen immer mehr die Eigeninitiative. Insbesondere die jüngere Generation lässt den innovativen Teil von anderen erledigen. Der zunehmende Zeitdruck unserer Gesellschaft beschert den Herstellern von ARF-Fertigmodellen, die als sogenannte RTF-Sets sogar mit komplettem Zubehör ausgeliefert werden, regen Zulauf. Auf der Strecke bleibt das grundlegende modellbau- und flugspezifische Wissen, welches noch vor einigen Jahren untrennbar zu unserem Hobby hinzugehörte.

Die Exoten

So schrumpft der Kreis derer, die mit Sonderkonstruktionen auf dem Modellflugplatz erscheinen, von Jahr zu Jahr. Das Auftauchen seltsamer Fluggeräte auf Modellflugveranstaltungen kann bereits als Seltenheit angesehen werden und es ist eigentlich schon etwas besonderes, ein selbstgebautes Modell in der Luft zu sehen. Styroporähnliche Materialien erobern zurzeit die Szene. Aufsehenerregende Flugzustände, Turbinen sowie gigantische Größen fesseln das Interesse der Zuschauer und bestimmen die Flugshows. Für Innovationen besteht in diesem Umfeld wenig Interesse.


Seit 2008 auf dem Markt erhältliches Styropor-Fertigmodell, das sich durchaus in den Kreis der Experimentalmodelle einreihen darf: Die VIPER von Jamara

Das Experimentalmodell

Die Besonderheit eines Experimentalmodells sind seine Konstruktionsmerkmale, die eine technische oder auslegungsspezifische Besonderheit darstellen. Dabei können sowohl bereits an Prototypen erprobte als auch gänzlich neue Ansätze enthalten sein. Gefragt ist das Gespür für das Besondere, die Fähigkeit, technische Neuerungen zu entwickeln und der Mut, etwas Neues auszuprobieren. Obwohl auch die ARF-Modelle teilweise mit ungewöhnlichen Typen wie Nurflügeln, Deltas oder Entenkonstellationen aufwarten, bleibt für das wirkliche Experimentalmodell noch eine Menge Raum übrig. Einige Bereiche stellen sowohl für die Industrie als auch den Individualisten Tabuzonen dar. Genau hier kann noch experimentiert werden, wobei der Schritt ins Ungewisse nicht gleich höchstes Risiko bedeuten muss.

Ungewöhnliche Nurflügel

Seit den Forschungen der Gebrüder Horten gehört der Nurflügel schon beinahe zu den Normalformen. Die theoretischen Flugleistungen liegen über denen von konventionellen Auslegungen, doch lassen sich einige Nachteile nicht ganz ausmerzen. Insbesondere der Verzicht auf die Seitenleitwerke zur Widerstandsminimierung stellt für die perfekte Stabilisierung der Hochachse in allen Flugsituationen ein schwieriges Problem dar. Im Bereich des Experimental-Modellflugs sind derartige Aufgaben jedoch iterativ zu lösen, zumal moderne Kreiselsysteme den Piloten unterstützen. Interessant werden Nurflügel-Konstruktionen insbesondere durch ungewöhnliche Flügelgeometrien, wie sie bei Vogelmodellen vorkommen. Das aus der Natur zu beziehende Ideenspektrum eröffnet ein breites Experimentierfeld.

Ungewöhnliche Grundrisse

Bemerkenswert erscheint, dass die Evolution die verschiedensten Möglichkeiten hervorgebracht hat, um lebenden Kreaturen das Fliegen zu ermöglichen, dabei aber immer symmetrisch geblieben ist. Erst der Mensch hat bei dem Versuch, flugfähige Maschinen mit bestimmten Eigenschaften zu entwickeln, den Weg zu asymmetrischen Formen gefunden. Vielleicht sorgt gerade dieser Naturinstinkt dafür, dass die meisten Beobachter asymmetrischen Konstruktionen spontan Fluguntauglichkeit unterstellen. Und tatsächlich konnten sich asymmetrische Flugzeuge nie richtig durchsetzen. Das wohl bekannteste Exemplar dürfte die Blohm & Voß 141 sein, die beinahe in Serienproduktion gegangen wäre. Neben diesem realisierten Projekt finden sich bei Blohm & Voß weitere, höchst ungewöhnliche Konstruktionsideen, von denen viele leider nie getestet wurden. Eine wahre Fundgrube für experimentierfreudige Geister. Die Überprüfung der theoretischen Ansätze am Modell führt immer wieder zu überraschenden Erkenntnissen.



Noch ungewöhnlicher

Mit Ringflügeln entfernt man sich noch weiter vom Standard. Auch dieser Typ wurde in seltenen Fällen in der manntragenden Fliegerei erprobt. Obwohl einige Konstruktionen durchaus flugfähig waren, konnte das Konzept letztlich nicht überzeugen. In der Experimental-Modellfliegerei lassen sich die Eigenschaften der verschiedensten Konstellationen testen. Dabei suggeriert der als horizontaler Ring ausgebildete Flügel noch die größten Chancen auf ein akzeptables Flugverhalten. Interessanterweise waren aber auch mit einem Modell, dessen Tragflügel als vertikaler Ring ausgebildet war, beeindruckende Flüge möglich. Trotz vorhandener Flugtauglichkeit und Steuerbarkeit können erwartungsgemäß keiner der beiden Versionen exzellente Flugeigenschaften bescheinigt werden. Ihr erfolgreicher Einsatz führt jedoch bei Beobachtern immer wieder zu regen Diskussionen.

Perspektiven

Der Bau von Experimentalmodellen ist immer mit Risiken verbunden. Je ungewöhnlicher eine Konstruktion ausfällt, um so höher ist die Gefahr eines Fehlschlags bei der Flugerprobung. Dafür kann kein Serienmodell das einmalige Flugbild einer Sonderkonstruktion erreichen. Des weiteren stellen die Anforderungen bei der Konstruktion, dem Bau und der Flugerprobung eine echte Herausforderung dar, der es sich zu stellen lohnt. Spätestens nach einem gelungenen Start glaubt auch der größte Zweifler, dass "so etwas fliegen kann".

Beweise

Experimentalmodelle sind rar und daher nur selten zu sehen. Einmal jährlich führt die INTEREX jedoch viele Querdenker zusammen. Diese internationale Veranstaltung dokumentiert die neusten Entwicklungen und bietet die Möglichkeit, die Flugfähigkeit der verschiedensten Konstruktionen offiziell unter Beweis zu stellen. Wer den Weg scheut und zumindest einige der abgebildeten Flugzeuge in Aktion sehen möchte, kann auf dieser Homepage Kurzvideos finden. Weiterhin sind auch Links zur INTEREX sowie Literatur-Tipps zum Thema hinterlegt.

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