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unveröffentlichter Modelltest
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Scale-Segler Ka-7
von Pichler
Sensibelchen
Der „Rhönadler“ Schleicher Ka-7 von Pichler
Ein elegant in der Thermik dahingleitender Oldtimer versprüht einen Hauch von Nostalgie und erinnert an vergangene Zeiten. Weit entfernt von strömungsoptimierten Oberflächen und High-Tech-Materialien weckt sein Flugbild den Mythos einer längst vergangenen Epoche. Bei der Schleicher Ka-7 bestimmt in erster Linie der nach vorn gepfeilte Flügel in Verbindung mit dem bespannten Stahlrohrrumpf das Erscheinungsbild. Dem Ende der fünfziger Jahre als Schulungsflugzeug konzipierten Doppelsitzer werden von seinen Piloten extrem gutmütige Flugeigenschaften bescheinigt, wobei sich die besten Flugleistungen bereits zwischen 65 und 85 Stundenkilometern einstellen. Allein in Deutschland befinden sich noch 140 zugelassene Exemplare im Einsatz und erfreuen sich besonders bei Oldtimerfreunden großer Beliebtheit.
Unser Testmodell entspricht in Finish und Kennung einer in Österreich beheimateten Ka-7 des Tiroler Fliegerclub St. Johann, soll aber im Gegensatz zum Original vorwiegend in der Ebene eingesetzt werden. Dennoch kommt die in der knappen Aufbauanleitung angerissene Möglichkeit einer Elektrifizierung von Vorn herein nicht in Betracht. Abgesehen vom Stilbruch, den ein Propeller in der Rumpfspitze darstellen würde, schließt die Form der Rumpfnase eine elegante Implementierung eines Spinners definitiv aus.
Zellforschung
Der Blick ins Innere des komplett aus Holz erstellten Modells offenbart eine Konstruktion aus feinen Balsa-Sperrholz-Spanten, ausgehöhlten Rippen und dünnen Leisten. Verhüllt wird das filigrane Kunstwerk von einer nahezu makellos aufgebrachten Klebefolie, die nur in Bezug auf den völlig offenen Radschacht für Bedenken sorgt. Beim Landen aufgewirbelte Partikel gelangen ungehindert in das Rumpfheck und werden dort von den freiliegenden Klebeflächen dauerhaft fixiert. Mit der Fertigung eines Radkastens steht eine erste konstruktive Ergänzung auf dem Plan.
Während das Original sowohl per Winde als auch im Seglerschlepp auf Ausgangshöhe kommt, lässt das Modell offensichtlich nur den Handstart zu. In der knappen Anleitung finden sich weder Hinweise zum Einbau einer Schleppkupplung noch Angaben zur Position eines Hochstarthakens. Dieser soll aber auf gar keinen Fall fehlen, weshalb die Montage eines variablen Exemplars als zweite konstruktive Ergänzung ansteht. Für den Einbau der acht Zentimeter langen Alu-Führungsschiene muss ein Schlitz in die Landekufe eingefräst, der Kufenboden aufgefüttert und eine Platte für die Verschraubung eingeklebt werden. Sind alle Bauteile präzise gefertigt und sauber gegen die Seitenteile der Kufenkonstruktion abgefangen, werden die auftretenden Kräfte gut in die bestehende Zelle eingeleitet. Die optimale Position des Hakens lässt sich später experimentell ermitteln.
Die Installationsarbeiten erfordern trotz des geräumigen Rumpfes extreme Vorsicht, da die filigrane Zellstruktur nach einer ausgesprochen zärtlichen Behandlung verlangt. Besonders das Servobefestigungsbrett wirkt durch einen scheinbar überflüssigen Schlitz recht labil. Offensichtlich war hier, wie an verschiedenen anderen Stellen auch, eine verzapfte Verstärkung eingeplant, die dem extremen Leichtbau zum Opfer gefallen ist. Das Einpassen einer Abstrebung gegen den Rumpfboden bringt die gewünschte Stabilität zurück.
Theoretisch ließe sich gegenüber dem seitlich angeordneten Seitenruderservo noch eine weitere Rudermaschine zum Auslösen einer Schleppkupplung unterbringen. Allerdings wird dieser Gedanke erst einmal verworfen, da der Rumpf im Bereich des Frontspantes für die im Schleppbetrieb auftretenden Kräfte massiv verstärkt werden müsste.
Die Rumpfspitze besteht aus einer GFK-Kappe, die gemäß Anleitung einfach mit vier dicken Blechschrauben von außen angeschraubt werden soll. Eine optisch nicht gerade schöne Variante, die der vorbildgetreuen Erscheinung des Modells nicht gerecht wird. Für das Testmodell wird eine geringfügig verkleinerte Kopie des Kopfspantes erstellt und in die Kappe eingepasst. Nach dem Abschleifen des überstehenden Materials kann sowohl eine Verklebung am Kopfspant als auch eine unsichtbare Verschraubung der Rumpfspitze von innen erfolgen.
Nah ans Original
Das Höhenleitwerk liegt vor dem Seitenleitwerk auf dem Rumpfrücken und ist abnehmbar ausgeführt. Zur Fixierung der hinten mit einer Kunststoffschraube gesicherten Dämpfungsfläche ist vorne noch ein untergesetzter Holzhaken einzukleben. Die vorgefräste Öffnung in der Beplankung scheint deutlich durch die weiße Bespannung durch und kann mit einem Lötkolben vorsichtig freigelegt werden. Beim ersten, probeweisen Einbau sitzt das Leitwerk aber alles andere als mittig. Schnell wird klar, dass die Position der Öffnung für den Befestigungshaken in der Dämpfungsfläche nachgearbeitet werden muss. Um dem Verschwinden des Holzhakens im Rumpfheck vorzubeugen, werden zuerst winzige Führungsleisten angesetzt. Danach kann das Leitwerk aufgelegt und bei montiertem Flügel so ausgerichtet werden, dass alle Kontrollwerte symmetrisch ausfallen und die Einstellwinkeldifferenz passt. Die Verklebung des Hakens erfolgt ebenso wie die anschließende Montage des Seitenleitwerks mit 5-Minuten-Epoxyd.
Eine direkt vor der Seitenleitwerksflosse klaffende Öffnung im Rumpfrücken lässt die Vermutung aufkommen, dass der Konstrukteur eine innen liegende Höhenruderanlenkung vorgesehen hatte. Tatsächlich finden sich in den hinteren Rumpfspanten hierfür passende Führungslöcher für einen Bowdenzug. Um dem Original ein weiteres Stück näher zu kommen, wird der seitlich aus dem Rumpf herausgeführte, nicht verklebte Bowdenzug nach innen gezogen und zur Antennenführung genutzt. Für die Höhenruderanlenkung wird ein weiterer Bowdenzug eingefädelt und das Ruderhorn zentrisch am Höhenruderblatt angesetzt. Obwohl die Umkonstruktion eine etwas umständlichere Leitwerksmontage mit sich bringt, rechtfertigt das optisch ansprechendere Ergebnis diese kleine Unannehmlichkeit.
Die beiliegenden Ruderhörner bestehen aus einem Holzfuß und einem Kunststoffhebel und sollen stumpf auf das Ruderblatt geklebt werden. Um eine haltbare Verbindung zu schaffen, muss im Bereich des Fußes unbedingt die Folie mit einem Lötkolben entfernt werden. Dies ist auf den in extremer Leichtbauweise gefertigten Ruderblättern leider nicht uneingeschränkt möglich. Zudem ist der hölzerne Fuß optisch nicht besonders glücklich, weshalb passendes Material aus dem eigenen Fundus eingesetzt wird. Auch die halbierten Vliesscharniere des großen Seitenruderblattes werden durch stabilere Kunststoffscharniere ersetzt. Den letzten Schliff bekommt das Heck durch den bei allen Originalen vorhandenen Hecksporn. Da im normalen Betrieb Bodenberührungen des Hecks ausgeschlossen sind, kann das aus Holzresten gefertigte Bauteil stumpf an den unteren Rumpfgurt geklebt werden.
Für die Querruderanlenkung sind maximal 12 Millimeter dicke Servos in die vorbereiteten Schächte einzusetzen. Sie müssen lediglich an die Träger der Schachtdeckel geschraubt und verkabelt werden. Beim Durchziehen der Verlängerungskabel mit dem eingelegten Faden darf keinesfalls Gewalt angewendet werden, da sonst die feinen Stege der Rippen gefährdet sind.
Auf den Querruderblättern würden die Füße der beiliegenden Ruderhebel zum Teil auf bespannten Flächen ohne Unterbau zu liegen kommen und werden daher ebenfalls ersetzt. Da die meisten käuflichen Ruderhebel hintereinander angeordnete Befestigungselemente aufweisen, muss ein wenig gesucht werden, bis passende Typen gefunden sind. Die Ausschlagbegrenzung der bereits fertig angeschlagenen Querruder auf weniger als 10 Millimeter nach unten erscheint ungewöhnlich, harmoniert jedoch mit den in der Betriebsanleitung angegebenen Querruderausschlägen von ± 6 Millimetern.
Gesamtheit
Erwartungsgemäß fehlt dem komplett aufgerüsteten Modell die Masse des Piloten in der Rumpfnase, so dass hier nicht gegeizt werden muss. Ein schwergewichtiger, älterer Empfänger wandert zusammen mit dem Empfängerakku direkt an den Kopfspant, eine Pilotenbüste wird an die passende Stelle gesetzt und das Höhenruderservo kommt ebenfalls weiter nach vorn. Zur Einstellung des vorgegebenen Schwerpunktes wird zuletzt noch ein 100 Gramm schwerer Ballast in der Rumpfspitze benötigt.
Mit den angegebenen Ruderausschlägen wird ein erster Gleitflug ausgeführt. Die Ka-7 geht sauber aus der Hand und schafft auf Anhieb eine Strecke von gut 100 Metern. Obwohl der erste Einsatz perfekt verläuft, fällt beim Rücktransport zur Startstelle ein Haarriss in der Bespannung der Rumpfseitenwand unterhalb der Flächenaufnahme auf, dessen Ursache vor dem ersten Hochstart sicherheitshalber näher untersucht wird. Möglicherweise wurde er durch den ungewöhnlich weich wirkenden Rumpfaufbau im Bereich der Flächenbefestigung verursacht, der aber bei den bis auf das Extremste reduzierten Spanten eigentlich nicht verwundert.
Doping
Wieder in der Bastelstube, lässt sich die Stabilität allein durch Unterfüttern der Seitenwand nicht steigern. Da sich keine Bruchstellen finden lassen reift der Gedanke, im Bereich der Flächenaufnahme vorsichtshalber einen stabilisierenden Spant nachzurüsten. Die Lösung dieser Aufgabe gestaltet sich ohne Bauplan nicht leicht. Zuerst wird die Außenkontur des Rumpfes abgenommen, dann die Lage der Holme und die Dicke der Beplankungsteile ermittelt und anschließend durch sukzessives Anpassen eine Schablone erstellt. Der eigentliche Spant wird in zwei Hälften gefertigt, damit er sich überhaupt nachträglich einsetzen lässt. Als Material kommt dickes, aber extrem leichtes Sperrholz zum Einsatz. So entsteht eine breite Auflagefläche. Für die Verklebung wird ein mit Mikroballons angedicktes Harz verwendet, das lückenfüllend wirkt und die unvermeidbaren Ungenauigkeiten auffängt.
Rauf geht´s
Nach einem nochmaligen Probewurf geht es nun ans Seil. Bei mäßigem Gegenwind und nicht maximaler Seilspannung wird die Ka-7 freigegeben. Das Modell lässt sich während der Steigphase mit dem Seitenruder exakt in der Spur halten und klinkt dann sauber aus. Aufgrund der geringen Höhe bleibt nicht viel Zeit für Experimente. Allerdings erscheinen die Ruderausschläge für den Geschmack des Autors etwas zu klein. Auch die Position des Schwerpunktes könnte bei den bestehenden Windverhältnissen durchaus weiter nach vorn. Nach einer kurzen Unterbrechung zur mechanischen und elektronischen Nachtrimmung geht es wieder nach oben. Bei deutlich erhöhter Gummispannung erreicht die Ka-7 schon eine brauchbare Ausgangshöhe. Das direktere Ansprechen auf die Steuerbefehle und das deutlich verbesserte Gleitverhalten lässt jetzt einen vorbildgetreuen Flugstil zu. Flugbild und Flugverhalten verleiten nicht zu Kunstflugeinlagen. Stattdessen liegt der Fokus auf einem sauberen Landeanflug. Aufgrund der fehlenden Störklappen muss auf einen steilen Abstieg verzichtet und das Gleitverhalten für eine Ziellandung richtig eingeschätzt werden. Den genauen Aufsetzpunkt bestimmen die als Spoiler nach oben gefahrenen Querruder. Die Wirkung dieser aerodynamischen Luftbremsen ist erstaunlich neutral und perfekt dosierbar.
Zusammenfassung
Mit der Ka-7 von Pichler erobert ein wunderschöner Oldtimer den Himmel, der sich besonders bei nicht all zu starkem Wind perfekt in Szene setzen lässt. Die auf extremen Leichtbau getrimmte Zelle sollte vorsorglich an der einen oder anderen Stelle verstärkt werden, damit nicht jeder kleine Fauxpas einen größeren Schaden nach sich zieht. Ein weiträumig anzufliegender, ebener Landeplatz erscheint ebenso unabdingbar wie ein kultivierter Umgang mit dem Steuerknüppel. Die absolut unkritischen Flugeigenschaften ermöglichen einen perfekten Scale-Flugstil, den die Ka-7 mit einem begeisternden Flugbild belohnt. Da dies besonders in niedriger Höhe außerordentlich gut zur Geltung kommt, startet man gerne einmal mehr!
Technische Daten:
Spannweite: 2542 mm
Länge: 1283 mm
Gewicht: 1630 gr (davon ca. 165 gr Blei und inkl. Verstärkungsspant)
EWD: + 2,3 Grad
Schwerpunkt: 27 mm (hinter Flügelvorderkante an der Wurzelrippe)
Ruderausschläge (gemessen an der Endkante bei größter Rudertiefe):
Höhe: +18 / -13 mm
Seite: ± 60 mm (davon ±45 mm per Kombiswitch auf Quer gekoppelt)
Quer: +13 / -7 (nach unten wegen mechanischer Begrenzung)
Spoiler: + 21 mm (als aerodynamische Bremsen)
Position Hochstarthaken: 80 mm vor Radachse)
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