Startprobleme durch
Leistungsdefizite der Antriebstechnologie treten durch den Einsatz
modernsten Modellbau-Equipments immer mehr in den Hintergrund.
Dennoch besteht bei bestimmten Flugzeugtypen die Notwendigkeit einer
Starthilfe. Vorwiegend kleinen und mittelgroßen Elektro-Jets
sowie großen Motorseglern und natürlich Modellen mit
Pulsorohren wird mit der Energie gespannter Gummiseile in die Luft
geholfen. Mitunter werden hierfür spezielle Auslösevorrichtungen
oder gar Startrampen benötigt.
Als elegante
Alternative zum Gummiseil sollte der Einsatz einer Starthilfsrakete
näher untersucht werden. Eine alte, verbrennergetriebene MIG 21,
die schon immer mit immensen Startproblemen zu kämpfen hatte,
wurde als Testproband reaktiviert. Das Ergebnis sei schon vorab
verraten: Das Modell lässt sich mit Raketen-Technologie perfekt
und zudem spektakulär in die Luft befördern!
Vorbilder
In Zeiten des
experimentellen Flugzeugbaus ohne computerunterstützte
Simulationstechnik und brauchbaren Windkanälen waren
Starthilfsraketen häufig das einzige Mittel, um
Leistungsdefizite der Antriebstechnologie besonders in der Startphase
kompensieren zu können. Hohe Zuladungen und geringe
Flügelflächen führten zu extrem langen Startstrecken
und zu geringen Abhebe-Geschwindigkeiten, obwohl die eingesetzten
Antriebe für den Streckenflug ausreichend dimensioniert waren.
Die Entwicklung neuartiger Triebwerkskonzepte erforderte ebenfalls
Testflüge mit Leistungseinschränkungen des Hauptantriebs.
Der Einsatz von Starthilfsraketen bot hier einige entscheidende
Vorteile.
Bei geringem Gewicht
des eigentlichen Hilfstriebwerks werden für einen kurzen
Zeitraum verhältnismäßig hohe Schubkräfte
freigesetzt, welche die kritische Startphase entschärfen. Nach
dem Erreichen einer sicheren Flughöhe und dem Aufbrauchen der
gesamten Brennstoffmenge kann die komplette Triebwerkseinheit vom
Flugzeug gelöst werden, was das Fluggewicht für den
Streckenflug wieder auf das Normalniveau senkt.
Grundsätzlich
können Raketentriebwerke mit festen, flüssigen oder
gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Der größte
Vorteil bei der Verwendung flüssiger oder gasförmiger
Brennstoffe liegt in der möglichen Leistungsregulierung.
Allerdings birgt das Handling der hochexplosiven Brennstoffe ein
hohes Risiko, da die einzelnen Komponenten bei Kontakt zu einer
heftigen Reaktion führen, welche außerhalb des Triebwerks
fatale Folgen hat.
Daher findet dieser
Triebwerkstyp relativ selten Verwendung und eignet sich primär
als Hauptantrieb für schnelle Forschungsflugzeuge. Das wohl
bekannteste Serien-Raketenflugzeug, die Messerschmidt Me 163
"Kraftei", war wegen dieser Schwierigkeiten sowohl beim
Bodenpersonal wie auch bei den Piloten gefürchtet.
Um den Aufwand der für
einen Zusatzantrieb benötigten Technologie im Rahmen zu halten,
erscheint eigentlich nur eine wesentlich einfacher zu handhabende
Feststoffrakete sinnvoll. Dieser Typ lässt zwar keine
Leistungsregulierung und auch keine vorzeitige Abschaltung zu, doch
seine Nachteile spielen bei der Verwendung als Starthilfsrakete eine
eher untergeordnete Rolle. Wichtig ist lediglich die richtige
Dimensionierung der Zusatzleistung, um bei vollem Schub die Zelle des
Flugzeugs durch die abrupt ansteigende Geschwindigkeit nicht zu
überlasten.
Insbesondere die ersten
Turbinenjets wie die Messerschmidt Me 262 wurden anfangs mit
Starthilfsraketen unterstützt, doch auch bei fortschrittlicheren
Typen wie der MIG 21 wurden zur Verkürzung der Startstrecken
Zusatzraketen eingesetzt.
Einsatz im
RC-Modell
Insbesondere Jetmodelle
ohne Turbinenantrieb haben aufgrund der geringen Flügelfläche
und der daraus resultierenden hohen Flächenbelastung Probleme
beim Bodenstart auf Rasenpisten. Die nötige Rollgeschwindigkeit
für einen sicheren Start wird häufig nicht erreicht. Der
Umstand, dass während des Fluges weniger Schub als vielmehr eine
hohe Strahlgeschwindigkeit benötigt wird, verstärkt diese
Schwierigkeiten. Das benötigte Quäntchen Zusatzschub
während der Startphase kann durch den Einsatz eines
Raketentriebsatzes gewonnen werden, wie er für Modellraketen
Verwendung findet. Die Brenndauer geeigneter Triebwerke beträgt
ungefähr zwei bis drei Sekunden. Die Zündung muss für
den Einsatz im Flugmodell elektrisch erfolgen.
Da bei Modellraketen
nach Beendigung der Steigphase der unkontrollierte Fall Richtung
Erdoberfläche einsetzen würde, besteht die Notwendigkeit
der Raketentrennung zwecks Öffnung eines Fallschirms. Dieser
schützt die Raketenzelle vor einem ungebremsten Aufprall. Hierzu
erfolgt nach dem Ausbrennen des Haupttriebsatzes, entweder sofort
oder zeitlich verzögert, eine kurze Zündung entgegen der
Flugrichtung. Im Flugmodell führt dieser Effekt zum
Heraussprengen der Treibsatzhülse, womit das zusätzliche
Gewicht aus dem Flugzeug automatisch entfernt wird. Während des
Fluges werden also lediglich die Elektronik für die Zündung,
der Zündakku sowie die Raketenaufnahme weiter mitgeführt.
Gesetzliches
Der Dschungel der
dieses Gebiet betreffenden gesetzlichen Vorschriften ist nicht leicht
zu durchdringen. Dennoch finden sich in verschiedenen Gesetzen
Passagen, welche sich auf Flugmodelle mit Raketenantrieb beziehen
oder anwenden lassen. Alle Gesetzestexte von Bundesgesetzen können
im Internet kostenfrei angesehen werden. Hierzu bietet das
Bundesministerium der Justiz in einem gemeinsamen Projekt mit der
Juris GmbH einen umfassenden Service, der unter der Internet-Adresse
http://www.gesetze-im-internet.de
zu finden ist.
Wichtiger Hinweis:
Die fortlaufende Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen hat die im Jahr der Veröffentlichung (2008) geltenden Regeln mittlerweile überholt. Daher entfällt an dieser Stelle die Angabe der aktuellen Fundstellen.
Dementsprechend sind die im Text enthaltenen, für das Jahr 2008 geltenden Angaben auf die heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen hin zu untersuchen!
Praxiseinsatz
Modellraketen-Treibsätze
der höchsten genehmigungsfreien Leistungsklasse „D“
können einen Schub von insgesamt ungefähr 20 Newton für
einen Zeitraum von gut drei Sekunden liefern, was einem Schubgewinn
von etwas mehr als 600 Gramm für diesen Zeitraum entspricht.
Damit können startschwach motorisierte Modelle schon ordentlich
unterstützt werden.
Die benötigte
Batterieleistung für die elektrische Zündung ist gering, so
dass ein winziger Akku ausreicht, der aber je nach verwendetem
Zündstreifen eine Spannung von ungefähr 9 Volt
bereitstellen muss. Als Schaltelement reicht ein kleines Relais
völlig aus. Für die Aufnahme des Raketentreibsatzes wird am
Modell eine Hülse benötigt, welche eine sichere, stramme
Fixierung des Triebwerks ermöglicht, gleichzeitig aber das
Ausstoßen nach Abschluss der Hauptbrennphase noch zulässt.
Diese Hülse wurde für die MIG 21 aus GFK speziell
angefertigt. Sie muss den freigesetzten Kräften während des
Triebwerk-Laufs und insbesondere der kurzen Abschluss-Detonation des
Treibsatzes standhalten. Zur Dämpfung der explosionsartigen
Zündung nach dem Ausbrennen ist vor dem Einsetzen eines
Triebwerksatzes in die Hülse dessen Rückseite mit
Steinwolle aufzufüllen. Weiterhin ist der lose eingeschobene
Zündstreifen gegen Herausrutschen zu sichern, damit zum
gewünschten Zeitpunkt eine sichere Zündung erfolgt. Dies
kann mit einem kleinen Balsakeil erfolgen.
Um einen symmetrischen
Schub des Triebwerks sicherzustellen, kann eine Montage eigentlich
nur in der Rumpflängsachse, vorzugsweise im Rumpfheck, mit Null
Grad Zug und Sturz erfolgen. Aufgrund der Brandgefahr sowie der
Kollisionsgefahr mit der herausgeschossenen Hülse dürfen
sich keine Modellteile hinter dem Raketenaustritt befinden! Des
Weiteren sollte auf den Einsatz von Starthilfsraketen bei
ausgetrockneter Natur verzichtet werden, da die ausgeschleuderte
Hülse noch glimmen kann!
Beim Einsatz auf dem
Flugfeld sind einige Sicherheitsregeln unbedingt zu beachten. Da
unkontrolliertes Auslösen des Zündmechanismus durch
eventuelle Funkstörungen nicht völlig ausgeschlossen werden
kann, sollte die Verbindung mit dem Zündakku erst direkt vor dem
Start erfolgen. Hier kommt einer der größten Nachteile von
Feststoffraketen zum Tragen: Hat das Triebwerk erst einmal gezündet,
kann es nicht mehr abgeschaltet werden! Auch das Ausstoßen der
ausgebrannten Hülse lässt sich nicht mehr verhindern. Daher
ist größtmögliche Sorgfalt beim Einsatz dieser
Technologie erforderlich! Die den Treibsätzen beiliegenden
Sicherheitshinweise sollten unbedingt Beachtung finden.
Ein weiterer
Wermutstropfen sind die Kosten pro Start, denn die Treibsätze
sind relativ teuer. Somit wird diese Startmethode sicherlich nicht
für den häufigen Einsatz zu empfehlen sein. Dennoch ist die
Wirkung eines durch Starthilfsraketen beschleunigten Modells auf die
Zuschauer den Aufwand wert, denn der optische und akustische Reiz
dieser Startmethode wird sicherlich nicht allerorts geboten.