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Veröffentlichung im Modell-Aviator, Heft 5/08

Veröffentlichung zum Thema    

Starthilfsraketen für Modellflugzeuge

in der Modellflug-Zeitschrift

Heft Mai 2008, S. 96-98

Titel:

AngeSCHUBst

Das besondere Experiment mit dem Feuer
   
viel Rauch und Feuer und ein fauchender Sound...
...für einen spektakulären Start


Startprobleme durch Leistungsdefizite der Antriebstechnologie treten durch den Einsatz modernsten Modellbau-Equipments immer mehr in den Hintergrund. Dennoch besteht bei bestimmten Flugzeugtypen die Notwendigkeit einer Starthilfe. Vorwiegend kleinen und mittelgroßen Elektro-Jets sowie großen Motorseglern und natürlich Modellen mit Pulsorohren wird mit der Energie gespannter Gummiseile in die Luft geholfen. Mitunter werden hierfür spezielle Auslösevorrichtungen oder gar Startrampen benötigt.

Als elegante Alternative zum Gummiseil sollte der Einsatz einer Starthilfsrakete näher untersucht werden. Eine alte, verbrennergetriebene MIG 21, die schon immer mit immensen Startproblemen zu kämpfen hatte, wurde als Testproband reaktiviert. Das Ergebnis sei schon vorab verraten: Das Modell lässt sich mit Raketen-Technologie perfekt und zudem spektakulär in die Luft befördern!


Vorbilder


In Zeiten des experimentellen Flugzeugbaus ohne computerunterstützte Simulationstechnik und brauchbaren Windkanälen waren Starthilfsraketen häufig das einzige Mittel, um Leistungsdefizite der Antriebstechnologie besonders in der Startphase kompensieren zu können. Hohe Zuladungen und geringe Flügelflächen führten zu extrem langen Startstrecken und zu geringen Abhebe-Geschwindigkeiten, obwohl die eingesetzten Antriebe für den Streckenflug ausreichend dimensioniert waren. Die Entwicklung neuartiger Triebwerkskonzepte erforderte ebenfalls Testflüge mit Leistungseinschränkungen des Hauptantriebs. Der Einsatz von Starthilfsraketen bot hier einige entscheidende Vorteile.

Bei geringem Gewicht des eigentlichen Hilfstriebwerks werden für einen kurzen Zeitraum verhältnismäßig hohe Schubkräfte freigesetzt, welche die kritische Startphase entschärfen. Nach dem Erreichen einer sicheren Flughöhe und dem Aufbrauchen der gesamten Brennstoffmenge kann die komplette Triebwerkseinheit vom Flugzeug gelöst werden, was das Fluggewicht für den Streckenflug wieder auf das Normalniveau senkt.

Grundsätzlich können Raketentriebwerke mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Der größte Vorteil bei der Verwendung flüssiger oder gasförmiger Brennstoffe liegt in der möglichen Leistungsregulierung. Allerdings birgt das Handling der hochexplosiven Brennstoffe ein hohes Risiko, da die einzelnen Komponenten bei Kontakt zu einer heftigen Reaktion führen, welche außerhalb des Triebwerks fatale Folgen hat.

Daher findet dieser Triebwerkstyp relativ selten Verwendung und eignet sich primär als Hauptantrieb für schnelle Forschungsflugzeuge. Das wohl bekannteste Serien-Raketenflugzeug, die Messerschmidt Me 163 "Kraftei", war wegen dieser Schwierigkeiten sowohl beim Bodenpersonal wie auch bei den Piloten gefürchtet.

Um den Aufwand der für einen Zusatzantrieb benötigten Technologie im Rahmen zu halten, erscheint eigentlich nur eine wesentlich einfacher zu handhabende Feststoffrakete sinnvoll. Dieser Typ lässt zwar keine Leistungsregulierung und auch keine vorzeitige Abschaltung zu, doch seine Nachteile spielen bei der Verwendung als Starthilfsrakete eine eher untergeordnete Rolle. Wichtig ist lediglich die richtige Dimensionierung der Zusatzleistung, um bei vollem Schub die Zelle des Flugzeugs durch die abrupt ansteigende Geschwindigkeit nicht zu überlasten.

Insbesondere die ersten Turbinenjets wie die Messerschmidt Me 262 wurden anfangs mit Starthilfsraketen unterstützt, doch auch bei fortschrittlicheren Typen wie der MIG 21 wurden zur Verkürzung der Startstrecken Zusatzraketen eingesetzt.


Einsatz im RC-Modell


Insbesondere Jetmodelle ohne Turbinenantrieb haben aufgrund der geringen Flügelfläche und der daraus resultierenden hohen Flächenbelastung Probleme beim Bodenstart auf Rasenpisten. Die nötige Rollgeschwindigkeit für einen sicheren Start wird häufig nicht erreicht. Der Umstand, dass während des Fluges weniger Schub als vielmehr eine hohe Strahlgeschwindigkeit benötigt wird, verstärkt diese Schwierigkeiten. Das benötigte Quäntchen Zusatzschub während der Startphase kann durch den Einsatz eines Raketentriebsatzes gewonnen werden, wie er für Modellraketen Verwendung findet. Die Brenndauer geeigneter Triebwerke beträgt ungefähr zwei bis drei Sekunden. Die Zündung muss für den Einsatz im Flugmodell elektrisch erfolgen.

Da bei Modellraketen nach Beendigung der Steigphase der unkontrollierte Fall Richtung Erdoberfläche einsetzen würde, besteht die Notwendigkeit der Raketentrennung zwecks Öffnung eines Fallschirms. Dieser schützt die Raketenzelle vor einem ungebremsten Aufprall. Hierzu erfolgt nach dem Ausbrennen des Haupttriebsatzes, entweder sofort oder zeitlich verzögert, eine kurze Zündung entgegen der Flugrichtung. Im Flugmodell führt dieser Effekt zum Heraussprengen der Treibsatzhülse, womit das zusätzliche Gewicht aus dem Flugzeug automatisch entfernt wird. Während des Fluges werden also lediglich die Elektronik für die Zündung, der Zündakku sowie die Raketenaufnahme weiter mitgeführt.


Gesetzliches


Der Dschungel der dieses Gebiet betreffenden gesetzlichen Vorschriften ist nicht leicht zu durchdringen. Dennoch finden sich in verschiedenen Gesetzen Passagen, welche sich auf Flugmodelle mit Raketenantrieb beziehen oder anwenden lassen. Alle Gesetzestexte von Bundesgesetzen können im Internet kostenfrei angesehen werden. Hierzu bietet das Bundesministerium der Justiz in einem gemeinsamen Projekt mit der Juris GmbH einen umfassenden Service, der unter der Internet-Adresse

http://www.gesetze-im-internet.de

zu finden ist.

Wichtiger Hinweis:
Die fortlaufende Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen hat die im Jahr der Veröffentlichung (2008) geltenden Regeln mittlerweile überholt. Daher entfällt an dieser Stelle die Angabe der aktuellen Fundstellen. Dementsprechend sind die im Text enthaltenen, für das Jahr 2008 geltenden Angaben auf die heutigen rechtlichen Rahmenbedingungen hin zu untersuchen!

Praxiseinsatz

Modellraketen-Treibsätze der höchsten genehmigungsfreien Leistungsklasse „D“ können einen Schub von insgesamt ungefähr 20 Newton für einen Zeitraum von gut drei Sekunden liefern, was einem Schubgewinn von etwas mehr als 600 Gramm für diesen Zeitraum entspricht. Damit können startschwach motorisierte Modelle schon ordentlich unterstützt werden.

Die benötigte Batterieleistung für die elektrische Zündung ist gering, so dass ein winziger Akku ausreicht, der aber je nach verwendetem Zündstreifen eine Spannung von ungefähr 9 Volt bereitstellen muss. Als Schaltelement reicht ein kleines Relais völlig aus. Für die Aufnahme des Raketentreibsatzes wird am Modell eine Hülse benötigt, welche eine sichere, stramme Fixierung des Triebwerks ermöglicht, gleichzeitig aber das Ausstoßen nach Abschluss der Hauptbrennphase noch zulässt. Diese Hülse wurde für die MIG 21 aus GFK speziell angefertigt. Sie muss den freigesetzten Kräften während des Triebwerk-Laufs und insbesondere der kurzen Abschluss-Detonation des Treibsatzes standhalten. Zur Dämpfung der explosionsartigen Zündung nach dem Ausbrennen ist vor dem Einsetzen eines Triebwerksatzes in die Hülse dessen Rückseite mit Steinwolle aufzufüllen. Weiterhin ist der lose eingeschobene Zündstreifen gegen Herausrutschen zu sichern, damit zum gewünschten Zeitpunkt eine sichere Zündung erfolgt. Dies kann mit einem kleinen Balsakeil erfolgen.

Um einen symmetrischen Schub des Triebwerks sicherzustellen, kann eine Montage eigentlich nur in der Rumpflängsachse, vorzugsweise im Rumpfheck, mit Null Grad Zug und Sturz erfolgen. Aufgrund der Brandgefahr sowie der Kollisionsgefahr mit der herausgeschossenen Hülse dürfen sich keine Modellteile hinter dem Raketenaustritt befinden! Des Weiteren sollte auf den Einsatz von Starthilfsraketen bei ausgetrockneter Natur verzichtet werden, da die ausgeschleuderte Hülse noch glimmen kann!

Beim Einsatz auf dem Flugfeld sind einige Sicherheitsregeln unbedingt zu beachten. Da unkontrolliertes Auslösen des Zündmechanismus durch eventuelle Funkstörungen nicht völlig ausgeschlossen werden kann, sollte die Verbindung mit dem Zündakku erst direkt vor dem Start erfolgen. Hier kommt einer der größten Nachteile von Feststoffraketen zum Tragen: Hat das Triebwerk erst einmal gezündet, kann es nicht mehr abgeschaltet werden! Auch das Ausstoßen der ausgebrannten Hülse lässt sich nicht mehr verhindern. Daher ist größtmögliche Sorgfalt beim Einsatz dieser Technologie erforderlich! Die den Treibsätzen beiliegenden Sicherheitshinweise sollten unbedingt Beachtung finden.

Ein weiterer Wermutstropfen sind die Kosten pro Start, denn die Treibsätze sind relativ teuer. Somit wird diese Startmethode sicherlich nicht für den häufigen Einsatz zu empfehlen sein. Dennoch ist die Wirkung eines durch Starthilfsraketen beschleunigten Modells auf die Zuschauer den Aufwand wert, denn der optische und akustische Reiz dieser Startmethode wird sicherlich nicht allerorts geboten.

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