Das Konzept der Veranstaltung hat sich
mittlerweile als absoluter Erfolg
erwiesen. Am 5./6. August 1995
trafen sich die
Experimental-Modellflieger bereits zum 10. Mal.
Austragungsort war diesmal Nederweert in
Holland, wo ein routiniertes Team alles
in gewohnter Weise exzellent vorbereitet
hatte. Bei strahlendem Sonnenschein und
hochsommerlichen Temperaturen fanden sich
bereits am Samstag die meisten der über
60 Teilnehmer ein und boten mit über 90
Modellen einen Einblick in das breite
Spektrum der
Experimentalflug-Möglichkeiten.Vom reinen
Segelflugmodell, das durch Hochstart oder
Seglerschlepp in die Luft gebracht wurde
bis zum turbinengetriebenen Düsenflieger
fand sich einfach alles. Erstaunlich
viele Modelle waren mit Elektromotoren
ausgestattet, aber auch die altbewährten
2- und 4-Takter wurden eingesetzt. In dem
Nachbau einer Blohm & Voß P170 wurden Elektro- und
Verbrennungsmotoren miteinander
kombiniert. Und wer bei der Hitze im
Schatten ein Nickerchen gemacht hatte
wurde durch den Lärm von pfeilschnellen
Pulso-Jets geweckt. Geflogen werden
konnte nach Lust und Laune und so war bis
spät in die Nacht hinein immer etwas
interessantes am Himmel zu sehen.
Besonders eindrucksvoll und immer noch
recht ungewohnt ist die Vorführung von
Modellen mit Turbinenantrieb. Es ist noch
nicht all zu lange her, daß die ersten
selbstgebauten Turbinen auf der Interex
vorgestellt wurden, damals noch mit
relativ geringer Leistung. Mittlerweile
haben sich mehr und mehr Tüftler an die
Entwicklung derartiger Antriebe
herangewagt, aber auch die Bestellung von
Bausätzen und Fertig-Aggregaten ist
bereits möglich. Dennoch ist dieser
Antrieb recht selten, weshalb es schon
etwas besonderes ist, ein Modell mit dem
für Düsentriebwerke typischen Fauchen
am Himmel zu erleben. Das einige Turbinen
schon das Experimentierstadium verlassen
haben und genügend Power für den
Einsatz in naturgetreuen Modellen
entwickeln wurde mit der Vorführung
einer Heinkel 162 "Salamander"
bewiesen, die kraftvoll selbst
großräumige Kunstflugfiguren
absolvierte. Leider wurde dieses Modell
bei der Landung beschädigt, so daß es
nur zu einer einzigen Demonstration kam.
Glücklicherweise waren noch weitere mit
Turbinen bestückte Zweckmodelle am
Start, so daß niemand auf den einmaligen
Sound einer echten Turbine verzichten
mußte.
Mehrere
Flugvorführungen wurden auch mit dem
sicherlich eindruckvollsten Modell
gezeigt, einer Rekonstruktion eines
Flugsauriers mit beachtlichen 3,30 m
Spannweite. Das in diesem Jahr
präsentierte Modell
"Pteranodon" machte laut
krächzend auf sich aufmerksam, wenn es
mit geöffnetem Schnabel und
Flügelschlag (!) an den Zuschauern
vorbeiflog und dabei nach links und
rechts schaute. Der saurieruntypische
Propeller des Elektroantriebs fällt
weder am Boden noch im Flug störend auf,
so daß sich auch bei nahen Vorbeiflügen
und genauem Hinschauen ein unglaublich
realistisches Flugbild ergibt. Der
achtköpfigen Jury dürfte es daher nicht
schwer gefallen sein, hier die höchsten
Wertungen zu vergeben. Der Gesamtpokal
für das beste Modell war absolut
verdient!
Ebenfalls
eindrucksvoll, weil besonders groß,
vorbildgetreu und elektrisch war der
Nachbau einer Horten XII mit einer
Spannweite von 5,33 m, wofür der Pokal
für die beste Flugvorführung vergeben
wurde. Mit dem Pokal für die beste
Bauausführung wurde der mit einer
Spannweite von 4,16 m ebenfalls relativ
große Nachbau eines schon 1843
patentierten Henson-Dampfflugwagens
ausgezeichnet. Da dieses Modell aber noch
nicht ganz vollendet war und man noch
einige Probleme in der Original-Auslegung
Hensons sah, wurden nur Rollversuche mit
einem Lufthüpfer von einigen Metern
durchgeführt. Interessant ist in diesem
Zusammenhang anzumerken, daß auch Henson
seinen Dampfflugwagen als Modell getestet
hat. Von 1844 bis 1847 wurden Versuche
mit einem motorgetriebenen Modell mit
6,10 m Spannweite und ca. 12 kg Gewicht
unternommen. Der entscheidende Test
endete 1847 aber, wahrscheinlich wegen zu
geringer Leistung des kleinen
Dampfmotors, nach einem kurzen Gleitflug
mit einer Bruchlandung, so daß Henson
entmutigt wurde. Hätte Henson den
50-ccm-Motor des hier gezeigten Modells
und eine Möglichkeit zur Fernsteuerung
besessen, wäre die Geschichte der
Flugzeugentwicklung vielleicht anders
verlaufen, denn seine "Ariel"
war bis auf wenige Kleinigkeiten korrekt
ausgelegt!
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Neben
den großen Schönheiten wurden auf der
Interex aber auch kleine und eher
unscheinbare Modelle beachtet und
prämiert. So wurde der Pokal für die
beste Idee für ein auf den ersten Blick
normal aussehendes, 2-motoriges
Motormodell vergeben. Beim näheren
Hinsehen entpuppte sich dieses Flugzeug
allerdings als Versuch zur Entwicklung
eines Senkrechtstarters mit
Kipppropellern. Zwar war das Modell von
Senkrechtstarts noch weit entfernt und
ein Versuch zum Kippen der Motoren in der
Luft führte zu extremen
Kunstflugfiguren, doch das Experiment
zählt und wurde letztlich belohnt.Besonders bei der
Vergabe des
"Querdenker"-Pokals, für den
man schon wirklich sehr am gewohnten
Flugmodell vorbeidenken muß, wurde die
eigentliche Intention der Interex noch
einmal deutlich. Die Idee und der Mut zum
Flugversuch sollten im Vordergrund
stehen. Ausgezeichnet wurde
dementsprechend die Bemühung um einen
drehmomentfreien Hubschrauber, der
eigentlich erst beim zweiten Hinschauen
als funkferngesteuertes Modellflugzeug zu
erkennen war. Das sehr filigrane und
dabei auch noch recht große Modell mit
einem Rotordurchmesser von 4,8 m ist noch
lange nicht fertig entwickelt.
Dementsprechend verliefen auch die
Flugversuche, die das Modell kein
einziges mal unbeschadet überstand. Doch
für querdenkende Modellflieger stellt so
ein Rückschlag erst recht den Ansporn
für weitere Versuche dar, so daß der
Konstrukteur dieses eigenartigen Gerätes
bei der Preisverleihung lautstark
verkündete, daß sein Modell auf der
nächsten Interex flugfähig sein werde.
Man darf gespannt sein, ob die als
Wanderpokal vergebene Trophäe in einem
Jahr den Besitzer wechselt oder nicht!
Doch neben
den prämierten Modellen waren auch die
anderen Experimente keineswegs
uninteressant. Neben den mittlerweile
schon vertrauten Nurflügel- und
Entenmodellen waren weitere Kuriositäten
zu bewundern, bei denen eine Zuordnung in
bestimmte Kategorien manchmal nicht
einfach war. Erstaunlich ist immer
wieder, daß trotz der ungewöhnlichen
Flugzeugauslegungen relativ wenig zu
Bruch ging. Selbst Modelle, die auf der
Interex ihren Erstflug absolvierten,
konnten größtenteils unbeschädigt mit
nach Hause genommen werden. Dieses zeugt
zum einen von der Fachkenntnis der
Konstrukteure, da nur mit fundiertem
Hintergrundwissen ungewöhnliche
Konstruktionen theoretisch richtig
eingeschätzt werden können. Zum anderen
werden die Qualitäten der Piloten
deutlich, die auf zum Teil eigenartige
Flugverhalten ihrer Konstruktionen
blitzartig richtig reagieren müssen.
Am Sonntag
nachmittag neigte sich die 10. Interex
ihrem Ende entgegen und bei der
Preisverleihung war man sich einig: die
Interex '95 war für alle aktiven und
passiven Teilnehmer wieder einmal ein
voller Erfolg. In den abschließenden
Worten der Veranstalter und Initiatoren
wurde der rundum positive Eindruck voll
bestätigt. Lediglich der Flugleiter, der
während der ganzen Veranstaltung
unermüdlich im Einsatz war konnte sich
ein paar kritische Töne nicht
verkneifen, da ihm einige übereifrige
Zeitgenossen das Leben zeitweise recht
schwer machten.
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